Die Augen / Himbeeren der Anmaßung: Der richtige Berufsweg

Die Frage: Der richtige Berufsweg

Die Frage des Klienten lautete „Zeige mir meinen weiteren richtigen Berufsweg“. Die Symbolik dieser Seelenantwort erschloss sich im Wesentlichen sehr schnell.

Die Symbolik der Himbeeren und der Augen der Anmaßung wurde allerdings erst nach einem weiteren Reifungsweg bewusst. Es brauchte etwas Zeit, bis er das leben konnte, was ihm die Himbeeren mitgeteilt hatten.

Besonderen Bedeutungswandel erfuhr der Stichpunkt „Anmaßung“. Die Auslegung des Klienten während der Seelenantwort entstammte seiner damaligen Überzeugung, „gut“ sein zu müssen; später konnte er diese Bedeutung grundlegend revidieren – und dadurch weiter reifen.

* Die Seelenantwort *

Ich befinde mich vor einem Wald, der durch hohe, dicht nebeneinanderstehende, grüne Sträucher begrenzt ist. Einen Eingang, Durchgang oder ein Tor sehe ich nicht. Ich suche aber nicht weiter, da ich schnell erkenne, dass ich durch ein unsichtbares Tor hindurch muss. Daher schiebe ich mit beiden Händen die Sträucher auseinander und gehe hindurch.

Ich merke sehr schnell, dass dies wirklich mein Tor war, da ich mich sofort auf einer kleineren, überschaubaren Waldlichtung befinde, die von dichten Bäumen und Sträuchern sowie auf der mir gegenüberliegenden Seite durch ein Himbeergestrüpp begrenzt ist.

Der Weg, die Wildsau, der Waldkauz und das Reh

Als Erstes nehme ich eine Wildsau direkt in meiner Blickrichtung vor dem Himbeeren wahr. Es ist ein prächtiges, kräftiges Tier, welches im Boden nach Eicheln wühlt. Sie weiß genau, wo die Eicheln vergraben sind, sie wühlt daher den Boden nicht unnötig auf.

Ich frage sie nach der Botschaft für mich. Sie beachtet mich kaum und sagt ganz lakonisch „Du kennst dich aus“. Dies mit einem Unterton, der für mich wie „Was fragst du so doof!“ klingt. Ich denke mir, leicht enttäuscht und angesäuert „Na toll, das ist eine präzise Antwort!“

Ich weiß, dass sich auf der rechten Seite noch ein weiteres Tier befindet, ich will es aber nicht sehen. Daher sehe ich mich weiter um und bemerke auf einem hohen Baum auf der linken Seite einen kleinen Waldkauz sitzen. Er schaut nur manchmal in die Runde, sonst ruht er sich aus.

Jetzt sehe ich doch noch nach rechts und bemerke das dritte Tier. Es ist ein kleineres Reh, rötlich mit paar kleinen, weißen Pünktchen, welches sich auf die Wildsau zu bewegt.

Es wird mir bewusst, dass sich alle drei Tiere bereits lange und gut kennen, dass sie eine Einheit bilden. Der Kauz ist dabei der Wächter, der die Wildsau und das Reh vor Gefahren warnt, da er ja so oben sitzt und dadurch einen Überblick hat. So kann die Wildsau weiter wühlen und das Reh in Ruhe grasen.

Die sprechende Wildsau

Die Wildsau spricht mich nochmals an, sie macht mir Vorwürfe, ich hätte schon weiter sein können, ich sei immer noch faul. Ich solle mir Beispiel an ihr nehmen, sie nähme auch die faulen Eicheln auf, wenn es denn sein müsse.

Die vorherige lakonische Antwort und diese Anmerkungen machen mich endgültig sauer. Ich widerspreche ihr, merke aber, dass ich mich wieder mal erkläre, was mir nun gar nicht gefällt. Ich versuche zu argumentiert, dass ich doch dieses Jahr doch nicht untätig war.

Die Wildsau sieht mich einen Augenblick an. Hat sie genickt? Ich bin mir nicht sicher … Sie wühlt weiter, kommentiert meine Erklärungen nicht. Hm …

Die Hütte, die Arbeit und der Unglaube

In der rechten unteren Ecke der Waldlichtung sehe ich eine kleine, hölzerne Hütte im schönen, rötlichen Braun; scheint sehr gutes Holz zu sein. In der Hütte einige Regale, viele Bücher, Schreibtisch mit einem Laptop. Rechts befinden sich am Boden sehr viele Kissen zum Hinlümmeln, links davon ein schöner, alter Ohrensessel. Ich weiß, dass die Kissen und der Sessel für „Gespräche“ mit den Menschen bestimmt sind – „Therapie durch Gespräche“ formt sich in meinem Kopf.

Nun sehe ich mir den Laptop an – am Bildschirm Zeichnungen und Formeln meiner Arbeit. Jetzt wird es mir doch etwas zu süß, zu unglaubwürdig, ich zerstöre daher gedanklich die Grafiken und sogar den Computer. Es zerfällt alles in Einzelteile wie bei einem Puzzle. Doch sofort fügen sich die Teile wieder zusammen, der Computer mit den Grafiken steht wieder so da, wie vor meiner Zerstörung. Ich lasse es daher stehen, glaube nun den Grafiken und gehe wieder auf die Waldlichtung hinaus.

Jetzt wird es mir aber doch zu unglaubwürdig, es reicht: Ein Schweinderl, ein Rehlein, ein Käuzlein, es fehlt noch ein rosa Hals-Schleifchen für jedes Viecherl und dann können sie „Hosianna“ lispeln und erlöst gen Himmel entschweben! Ich beklage mich böse über diese Süße und Irrealität, will dem Bild nicht glauben. Es bleibt aber.

Die Menschen und die Wut

Hinter dem Himbeergestrüpp nehme ich viele Menschen wahr. Ich sehe sie nicht direkt, ich weiß nur, dass sie sich dort befinden. Gedankenlos, hektisch, chaotisch gehen sie hin und her, Sie achten den Wald nicht, benehmen sich barbarisch.

Ich bekomme eine heftige Wut auf dieses „elende Pack“, ich schimpfe laut, bekomme sehr heftige Kopfschmerzen und beginne zu weinen, die Wut steigert sich, mein Vokabular wird derb.

Die Ermahnung der Tiere und die Nacht

Der Kauz erhebt sich und fliegt um die Waldlichtung herum. Er passt wirklich auf. Die Wildsau und das Reh rücken zusammen, setzen sich auf die Lichtung in der Mitte hin, allerdings so, dass ich sie aus meiner Hütte immer wahrnehmen kann.

Ich sehe in ihnen eine Mahnung, eine Erinnerung an mich, dass ich sie nicht vergesse, dass ich immer um ihre Anwesenheit weiß. Das ist sehr wichtig für mich.

Sind es meine Helfer, sind es meine eigenen Fähigkeiten, die ich bisher nicht annehmen wollte?

Die leuchtenden Augen

Auf der linken Seite tauchen in dem Gestrüpp leuchtende Augen auf. Sie sehen bedrohlich aus. Zunächst denke ich an Tiere, sie sind aber zu hoch dafür. Menschen können es aber auch nicht sein.

Ich frage mich, was es sein könnte, nach und nach tauchen in mir Ideen, Worte auf. Zuerst erahne ich, dass es sich um etwas Altes handelt. Dann wird es mir klar, dass sie mit mir zusammenhängen, mit mir etwas zu tun haben.

Gehören sie mir?!

Die Anmaßung

Dann taucht allmählich das Wort „Anmaßung“ in mir auf. Und nach weiteren Sekunden die volle Bezeichnung: Die Augen der Anmaßung.

Nun wird es mir klar, warum ich so heftig auf das „elende Pack“ reagiert habe. Als mir bewusst wird, dass es meine alte Anmaßung ist, werde ich sehr traurig. Die Trauer ist so groß, dass ich wieder zu weinen beginne und dabei die Parallelen der Gefühle wahrnehme, die zwischen der Wut auf das „elende Pack“ und der Trauer jetzt bestehen.

Es ist kein „elendes Pack“, es sind Menschen. Sie sind anders, doch habe ich sie nicht zu bewerten. Das ist meine Anmaßung.

Ich weiß, dass die Augen der Anmaßung nicht auf die Waldlichtung kommen können, dass sie im Gestrüpp bleiben, dass auch die Tiere keine große Angst vor ihnen haben. Der Kauz hört sogar auf, seine Runden zu drehen, setzt sich auf das Dach der Hütte auf und gibt mir gefühlsmäßig zu verstehen, dass ich nun mit dem Aufpassen an der Reihe sei. Er ruhe sich aus.

Die Augen kommen tatsächlich nicht auf die Waldlichtung. Außer …

Die Menschen und die Anmaßung

Außer ich sorge selbst dafür, dass sie herauskommen. Das „elende Pack“, wie ich es nannte, sind eben Menschen. Viele von ihnen gehen links oder recht um den Wald herum und kommen dann an der Stelle vorbei, an der ich in den Wald und auf die Lichtung eingetreten bin. Manche von ihnen gehen an dieser Stelle vorbei, manche allerdings kommen auf die Waldlichtung.

Denn jetzt befindet sich an der Stelle, an der ich den Wald betreten habe, ein grüner Torbogen, der aus den Sträuchern gebildet wird. Es ist das Tor für einige dieser Menschen. Doch es kommen nur die Menschen hindurch oder nur die Menschen sehen das Tor, die es „sollen“. Das Wort „Sollen“ ist irgendwie für die Menschen unsichtbar um das Tor herum vorhanden, ich kann es aber wahrnehmen (mit dem inneren Auge?).

Die Menschen so annehmen, wie sie sind

Ich darf nicht entscheiden, wer von den Menschen eintreten und so zu mir kommen soll. Es geht mich nichts an, es ist nicht meine Aufgabe, es hat mich absolut nicht zu interessieren.

Sollte ich dennoch darüber bestimmen wollen, wer eintreten soll, so kommen zunächst die Augen der Anmaßung auf die Waldlichtung heraus und dann bricht die gesamte Ordnung zusammen. Die Menschen hinter dem schwarzen Himbeergestrüpp werden dann den Wald überfluten und die Hütte beginnt einzustürzen.

Wenn ich jedoch das „Soll“ des Torbogens respektiere und nicht darüber nachdenke, existiert die Waldlichtung mit den Tieren und der Hütte weiter. Ich kann dort bleiben, die Nahrung und das Trinken liefern mir die Himbeeren, die übergroß auf der der Waldlichtung zugewandten Seite hellrot leuchtend wachsen.

Die Augen der Anmaßung

Ein weiterer Satz taucht in mir auf: „Die Augen der Anmaßung leuchten in der Nacht wie die Himbeeren am Tage„. Ich verstehe aber den Sinn des Satzes nicht.

Erst durch die Augen der Anmaßung bekommt diese für mich zunächst unrealistische Waldlichtung einen Sinn, sie wird für mich glaubwürdig. So kann ich damit leben, so ist alles richtig.

Ich muss das Soll des Torbogens akzeptieren, dann bleiben die Augen der Anmaßung im Gestrüpp, die Tiere haben keine Angst, die Hütte steht, ich kann hier bleiben, arbeiten und von den Himbeeren leben.

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